3 Nutzen und Kosten der Partnerschaft
Aus Sicht der Ökonomie gehen zwei Partner eine dauerhafte
Beziehung ein, wenn für beide der prospektive Netto-Nutzen daraus
den Netto-Nutzen fortgesetzten Single-Daseins - mit oder ohne weitere Partnersuchaktivitäten
- übersteigt. Ein solcher Netto-Nutzen entsteht, wenn die Erträge
aus der Partnerschaft die Kosten übersteigen. Er ist so definiert.
(Die nun folgenden theoretischen Überlegungen gehen vor allem zurück
auf Becker, den Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften
1992. Becker hat die ökonomische Theorie der Familie wiederentdeckt,
aufbereitet und populär gemacht. Im Kern finden sich zahlreiche Gedanken
in dieser Richtung auch schon bei den Klassikern, allerdings nicht in der
Stringenz wie bei Becker (1974, 1981). Aus der Vielzahl von Publikationen
zur ökonomischen Theorie zwischenmenschlicher Beziehungen seien genannt
Ben-Porath (1982), Hartwig (1993), McKenzie/Tullock (1984, 129ff), Meyer
(1987), von Zameck (1990), Zimmermann (1986).)
Was sind nun die Kosten und die Erträge einer Partnerschaft?
Zunächst muß man sich von dem Gedanken frei machen, Kosten und
Erträge fallen nur dann an, wenn irgendwelche Zahlungen geleistet
werden. Unter Kosten wollen wir vielmehr auch verstehen, wenn jemand Zeit
opfert, eine Unannehmlichkeit auf sich nimmt oder sich physisch oder psychisch
anstrengt. Ebenso wollen wir den Ertragsbegriff sehr allgemein fassen,
in dem Sinne, daß wir jede Art der Bedürfnisbefriedigung als
Ertrag begreifen. Auch wenn wir eine Ausgabe oder eine Anstrengung sparen,
die wir unter anderen Umständen hätten machen oder auf uns nehmen
müssen, wollen wir dies als Ertrag auffassen.
3.1 Die Erträge
Die Erträge einer Partnerschaft sind vielfältig.
Um die folgenden Überlegungen zu strukturieren, macht es Sinn, sie
in konsumptive und produktive Erträge einzuteilen.
Konsumptive Erträge
Konsumptive Erträge aus einer Partnerschaft sind
im wesentlichen Ersparnisse, die dadurch zustandekommen, daß zahlreiche
Haushaltsgüter durch zwei Personen ebenso gut - in manchen Fällen
sogar besser - genutzt werden können als durch eine Person. Diese
Vorteile gemeinsamer Haushaltsführung sind so offensichtlich, daß
es hier genügen soll, ein paar Beispiele zu nennen.
Ziehen zwei Personen zusammen, so sparen sie zunächst
erheblich an Mietausgaben und Heizkosten ein. Sie benötigen i.d.R.
anstelle von zwei nur noch eine Einheit wichtiger langlebiger Konsumgüter:
Kühlschrank, Waschmaschine, Fernsehgerät, Hifi-Anlage, Staubsauger,
Geschirrspüler usw. Sie zahlen geringere Steuern und Gebühren,
wann immer die Wohneinheit und nicht die Zahl der Personen Bemessungsgrundlage
ist.
Ihnen fallen hierzu sicherlich noch eine Reihe weiterer
Beispiele ein. Beachten Sie aber auch, daß die Punkte, die bisher
genannt wurden, sowohl für eine hetero- als auch für eine homosexuelle
Lebensgemeinschaft gelten. Zudem bestehen diese Vorteile in aller Regel
auch dann, wenn der Haushalt mehr als nur zwei Personen - gleich welchen
Geschlechts - umfaßt, also z.B. eine studentische Wohngemeinschaft
ist.
Andererseits existieren aber auch Konsumaktivitäten
und Einsparmöglichkeiten, die auf den heterosexuellen, rechtlich legitimierten
Zwei-Personen-Haushalt beschränkt sind. Hierzu zählen die Vergünstigungen
staatlicherseits für Ehen und Familien. Denken sie etwa an das Ehegattensplitting,
das weder von polygamen noch - jedenfalls noch nicht - von homosexuellen
Lebensgemeinschaften genutzt werden kann. Das Ehegattensplitting ist der
"größte Brocken" beim Familienlastenausgleich, der i.d.R. die
Eheschliessung monetär interessant macht. (Für eine schematische
Übersicht und Angaben zum Umfang des Familienlastenausgleich vgl.
Henke (1989). Es sind natürlich Fälle denkbar, in denen sich
zwei Partner monetär besserstehen, wenn sie getrennt leben - weil
z.B. beide Wohngeld erhalten. Zu Familienlastenausgleich und Familienpolitik
vgl. z.B. Felderer 1988 und Bethusy-Huc 1987.) Dazu kommt, daß der
Konsum sog. Kinderdienste nur durch diese Art der Lebensgemeinschaft realisiert
werden kann, solange homosexuellen Paaren das Recht zur Adoption verwehrt
bleibt. Da dies jedoch stärker den Bereich der Haushaltsproduktion
berührt, dazu später mehr.
Schließlich lassen sich eine Reihe von Bedürfnisbefriedigungen
- teilweise im wahrsten Sinne des Wortes - wenn auch nicht nur, so doch
oft effizienter in einer festen Partnerschaft erfahren. Dazu zählen
Zuneigung, Geborgenheit und Sicherheit und Sexualität.
Vorteile bei Produktionsprozessen
Für zahlreiche Menschen gilt, daß sie einen
Nutzen aus eigenen Kindern erfahren. Kinder sind eine Art von Gütern
und Dienstleistungen, deren Produktion, d.h. die eigentliche Herstellung
wie die Aufzucht (hier ist vielleicht der Hinweis angebracht, daß
dieser Sprachgebrauch unter Ökonomen durchaus üblich und frei
von einer Wertung ist), in einer festen Partnerschaft nach allgemeiner
Überzeugung wesentlich effizienter erfolgen kann als in einem Single-Haushalt.
Theoretisch ist es jedoch durchaus denkbar - und es kommt ja auch vor,
daß man Kinder kauft oder verkauft. Eine heterosexuelle Zweierbeziehung
ist für die Erfüllung des Kinderwunsches also keine notwendige
Voraussetzung. Trotzdem werden die meisten Menschen zustimmen, daß
die Beschaffung und Aufzucht von Kindern in anderen Haushaltsformen äußerst
schwierig sein dürfte und wohl nicht nur Probleme rechtlicher Art
mit sich bringt.
Allein die Kosten von Kindern machen es einer alleinstehenden
Person fast unmöglich, sich einen Kinderwunsch zu erfüllen. Einer
amerikanischen Studie zufolge kostet ein Kind von der Geburt bis zum 22.
Lebensjahr eine Durchschnittsfamilie ein fünftel des in dieser Zeit
anfallenden Familieneinkommens (vgl. Olson 1982, 2. Berechnungen von Kinderkosten
sind ausgesprochen komplex; z. B. ist zu überlegen, ob Einkommensausfälle
der Frau infolge Kinderbetreuungszeiten mit eingerechnet werden sollen
oder eigene Einkommen der Kinder abgezogen werden sollen.) Und einer Repräsentativ-Befragung
der Zeitschrift BRIGITTE zufolge, stimmen zwei von drei Müttern der
Aussage zu, es sei heutzutage in Deutschland ein Luxus, sich Kinder zu
leisten (Henning u.a. 1992, 139). Daß Kinder als Luxusgüter
einzustufen sind, bestätigt auch eine Studie aus dem Statistischen
Bundesamt. Nach elf bis fünfzehn Ehejahren waren 1986 36% der Ehen
kinderlos, in denen der Ehemann weniger als 1800 DM im Monat verdiente.
Ehen, in denen der Ehemann ein monatliches Einkommen von über 1800
DM hatte, waren nur noch zu 16% kinderlos. Auch die durchschnittliche Kinderzahl
liegt um ein halbes Kind höher in dieser Gruppe (1,6 im Vergleich
zu 1,1).
Die monatlichen Unterhaltsaufwendungen für ein Kind
liegen derzeit je nach Einkommenslage und Schätzansatz um 600 DM pro
Monat (Stat. Bundesamt 1990). Wenn man bedenkt, daß die monatlichen
Kosten für einen VW-Golf 1.8 GL laut ADAC bei mittlerer Fahrleistung
monatlich bei 566 DM liegen, kann man sagen, daß für viele Familien,
Kinder die teuerste Anschaffung sind, die sie sich in ihrem Leben leisten.
Nach Berechnungen von Galler (1988, 92) muß eine Frau mit Abitur,
die nach drei Arbeitsjahren eine Kinderpause von drei Jahren einlegt, ihre
Einkommenseinbußen über das gesamte Erwerbsleben, also während
und nach der Unterbrechung, in der Größenordnung von 200 Tsd.
DM veranschlagen.
Wir können also festhalten, daß eine effiziente
Produktion von Kindern im allgemeinen nur in einer auf Dauer angelegten
Lebensgemeinschaft möglich ist. Für eigene Kinder gilt diese
Aussage ohne Einschränkung. Und der Wunsch nach eigenen Kindern ist
in der erwachsenen Bevölkerung weit verbreitet.
Wir kommen nun zu einem Punkt, der vielleicht einen weniger
offensichtlichen, aber deswegen nicht einen weniger wichtigen Vorteil in
der Produktion von Zwei- gegenüber Ein-Personen-Haushalten darstellt.
Paare produzieren Haushaltsaktivitäten (Haushaltsaktivitäten
sind z. B. Einkommenserwerb, Haushaltsarbeiten im engeren Sinne, aber auch
Unterhaltung oder geselliges Beisammensein. Sie umfassen alles, was die
Mitglieder des Haushaltes unternehmen. Manche der Haushaltsaktivitäten
können leicht durch dritte Personen erledigt werden. Z. B. kann ein
Koch oder eine Köchin eingestellt werden. Bei anderen Haushaltsaktivitäten
wie z. B. der Kinderproduktion ist dies nicht möglich.) effizienter
als Singles, da sich beide Partner auf die Aktivitäten spezialisieren
können, die sie besonders gut beherrschen. Diese Aussage ist für
die ökonomische Theorie der Ehe so zentral, daß es sich lohnt,
sie anhand unseres Zahlenbeispiels zu verdeutlichen.
Wie jedes Zahlenbeispiel geht auch dieses von vereinfachenden
Annahmen aus. Außerdem wählen wir die Zahlen nicht unbedingt
in einer realistischen Größenordnung, sondern so, daß
wir einfach damit rechnen können. Schließlich wollen wir noch
annehmen, daß wir die Produktivität der Partner im Haushalt
und auf dem Arbeitsmarkt in Geldeinheiten messen können.
Tab 2.: Produktivität der Haushaltsmitglieder
|
Haushalt |
Arbeitsmarkt |
Mann |
30 DM/h |
60 DM/h |
Frau |
30 DM/h |
30 DM/h |
Wir gehen in unserem Beispiel davon aus, daß der Mann
und die Frau im Haushalt gleich produktiv sind, der Mann jedoch am Arbeitsmarkt
seine Arbeitskraft wesentlich teurer verkaufen kann (Die Produktivität
im Haushalt läßt sich tatsächlich nur schwer abschätzen,
allein schon deswegen, weil die einzelnen Haushaltsaktivitäten voneinander
sehr verschieden sind. Wir können aber ziemlich sicher sein, daß
die Produktivität der letzten im Haushalt eingesetzten Arbeitsstunde
unter dem am Arbeitsmarkt erzielbaren Lohn liegt. Wäre das nicht so,
dann wäre es rational, mehr Arbeitszeit auf dem Arbeitsmarkt anzubieten.).
Der Grund dafür könnte sein, daß er eine bessere Ausbildung
genossen hat, aber ebenso, daß Frauen am Arbeitsmarkt diskriminiert
werden. Doch darauf kommt es im Moment nicht an.
Nehmen wir nun an, beide leben als Singles und teilen,
weil sie ähnliche Präferenzen haben, ihre Zeit im Verhältnis
2:1 zwischen Marktarbeit und Haushaltsarbeit auf. Dann produzieren sie
je eingesetzter Arbeitsstunde folgenden Gegenwerte:
Tab. 3: Konsummöglichkeiten der Singles bei 2:1
Zeitaufteilung je Arbeitsstunde
|
Haushalt
(M: 20 min)
(F: 20 min) |
Arbeitsmarkt
(M: 40 min)
(F: 40 min) |
zusammen
(60 min)
(60 min) |
Mann |
10 DM |
40 DM |
50 DM |
Frau |
10 DM |
20 DM |
30 DM |
zusammen |
20 DM |
60 DM |
80 DM |
Nehmen wir nun an, die beiden heiraten und planen, im gemeinsamen
Haushalt den gleichen Arbeitseinsatz zu leisten wie bisher getrennt. Eigentlich
wird sich das Verhältnis eher zuungunsten der Haushaltsarbeit verschieben,
da z.B. anstelle von zwei jetzt nur noch eine Wohnung gereinigt werden
muß. Aber von solchen Nebeneffekten wollen wir hier absehen.
Kurz nach der Hochzeit lassen wir jetzt den Mann Vollzeit
arbeiten. Die Frau soll allein für die Hausarbeit verantwortlich sein
und Teilzeit arbeiten. Dann ergibt sich folgendes Bild:
Tab. 4: Vorteile der Produktion in gemeinsamer Haushaltsführung
|
Haushalt
(M: 0 min)
(F: 40 min) |
Arbeitsmarkt
(M: 60 min)
(F: 20 min) |
zusammen
(60 min)
(60 min) |
Mann |
0 DM |
60 DM |
60 DM |
Frau |
20 DM |
10 DM |
30 DM |
zusammen |
20 DM |
70 DM |
90 DM |
Es zeigt sich, daß die Spezialisierung, also die geschickte
Aufgabenverteilung zwischen den Ehepartnern, zu einem um 10 DM gestiegenen
Gesamteinkommen führt. Dies ist nun keine Eigenheit des Zahlenbeispiels,
sondern in allgemeiner Form, aber anderem Zusammenhang, schon vor fast
zweihundert Jahren von David Ricardo bewiesen worden: Sind ein Mann
und eine Frau unterschiedlich produktiv, dann können sie ihre gemeinsame
Produktion durch Heirat steigern, ohne daß sie deswegen mehr arbeiten
müßten.
Ob die Zahlenwerte mit den realen Werten übereinstimmen
oder nicht, ist für unsere weiteren Überlegungen absolut unwichtig.
Es kommt lediglich darauf an, daß sich die Produktivitäten von
Mann und Frau unterschiedlich auf Haushalt und Arbeitsmarkt verteilen.
Alle Ergebnisse könnten wir auch dann ableiten, wenn wir den Stundenlohn
des Mannes mit 63,25 DM annehmen würden. Dann würde nur die Berechnung
etwas komplizierter. Übrigens könnten wir auch annehmen, daß
der Mann im Haushalt der produktivere Partner ist, während die Frau
am Arbeitsmarkt das höhere Einkommen erzielt. Auch dadurch wäre
das Ergebnis, das wir abgeleitet haben, nicht gefährdet.
Unsere Schlußfolgerung setzt natürlich voraus,
daß Hausarbeit und Marktarbeit in etwa gleich angenehm bzw. unangenehm
sein müssen. Andernfalls müßten diese Unannehmlichkeiten,
die die neue Aufgabenverteilung mit sich bringt, berücksichtigt werden.
Aber auch dann würde sich am Ergebnis prinzipiell nichts ändern.
Eine Randbedingung muß allerdings erfüllt sein.
Nehmen wir an, in unserem Beispiel habe der Mann überhaupt keinen
Sinn fürs sog. "Häusliche" gehabt und sich schon als Single voll
auf Marktarbeit spezialisiert. Die Frau hingegen habe sich schon als Single
nur um den Haushalt gekümmert. Aus dieser Ausgangssituation wäre
kein Spezialisierungsgewinn durch Heirat möglich gewesen. Die Vorlieben,
man könnte auch sagen Präferenzen oder Konsumwünsche, der
potentiellen Partner waren zu unterschiedlich.
Insgesamt können wir also folgendes festhalten:
Die Erträge, die zwei Singles durch gemeinsame Haushaltsführung
realisieren können, sind unter sonst gleichen Umständen größer,
je unterschiedlicher ihre produktiven Eigenschaften und je ähnlicher
ihre Konsumwünsche ausgeprägt sind. Dies gibt uns auch einen
Hinweis auf die Frage: "Wer heiratet wen?". Aber dazu später mehr.
3.2 Individuelle Nachteile
Warum gibt es denn überhaupt und immer mehr Singles,
wenn die Vorteile gemeinsamer Haushaltsführung so zahlreich sind?
Nun, wo Licht ist, ist auch Schatten. Den Vorteilen stehen Nachteile gegenüber.
Diese individuellen Nachteile sind die Kosten einer Partnerschaft.
Wer eine feste Partnerschaft eingeht, verzichtet damit
zunächst - jedenfalls in aller Regel - auf die Option fortgesetzter
Partnersuche und so auf die Chance, einen geeigneteren Partner zu finden.
Dazu kommt der Verlust an individueller Entscheidungsfreiheit. Dies ist
wahrscheinlich der gewichtigste Kostenfaktor. Man kann nicht mehr uneingeschränkt
tun und lassen, was man will: Ständig sind Kompromisse notwendig -
bezüglich der Farbe des neuen Autos, des Fernsehprogramms, der Zimmertemperatur,
der Häufigkeit von Verwandtenbesuchen, des Urlaubsziels ...
Die Kosten, die diese Kompromisse mit sich bringen,
sind umso höher, je unterschiedlicher die Konsumwünsche der Partner
ausfallen. Sind beide Partner Tennisfans, dann sind die Kompromißkosten
von drei Stunden Sanchez gegen Graf am Sonntagabend auf RTL plus null.
Ist aber nur er Tennisfan, dann kann ihn eine solche Übertragung auch
schon mal einen Besuch bei den Schwiegereltern am Sonntagnachmittag kosten.
Und dann läuft evtl. gerade Edberg gegen Becker. Ein hoher Verlust,
besonders falls Becker gewinnt.
Auch die Verteilung des Ehegewinns kann zu Problemen führen.
In unserem Zahlenbeispiel hatten wir für das Paar einen Spezialisierungsgewinn
in Höhe von 10 DM je Arbeitsstunde (von Mann und Frau) ermittelt.
Ungeklärt ist dabei geblieben, wie die Verteilung dieses Gewinns zwischen
den Partnern erfolgen soll. So können Situationen entstehen, in denen
sich ein Ehepartner ausgebeutet fühlt (im einzelnen zur Ausbeutung
in einer Beziehung McKenzie/Tullock 1984, 99ff.). Ein weiterer, nicht zu
vernachlässigender Posten, sind Risikokosten (vgl. ebd., 134). Risikokosten
müssen nicht eintreten. Sie fallen vielmehr mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit
an. So kann ein Ehepartner vor der Hochzeit etwa folgende Kalkulation aufstellen:
Eine deutsche Durchschnittsehe wird heute mit einer Wahrscheinlichkeit
von ca. 1:3 durch Scheidung beendet. Bis dahin dauern die Ehen im Schnitt
12 Jahre. Veranschlagen wir die individuellen Investitionen pro Jahr in
diese Ehe - zugegebenermaßen eine kaum lösbare Aufgabe - mit
10.000 DM, so gehen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:3 120.000 DM Eheinvestitionen
verloren (der Einfachheit halber verzichten wir auf eine Diskontierung).
Mit derselben Wahrscheinlichkeit würden ein rationaler Bräutigam
oder eine rationale Braut die durch die Scheidung selbst anfallenden Kosten
sowie die Folgekosten gewichten. Werden diese Kosten übersehen - Liebe
macht blind - kann die Ehe zu einer teuren Fehlinvestition werden. Folgekosten
der Scheidung in Form einer Abfindung oder erhaltener Unterhaltszahlungen
sind für den Gegenwert natürlich Erträge. So kann auch folgende
Strategie durchaus rational sein: Millionär suchen, heiraten, scheiden,
abkassieren. Zudem ist darauf hinzuweisen, daß man die Risiken durch
einen Ehevertrag teilweise ausschalten kann.
Auch Affären und Seitensprünge sind mit Risikokosten
belastet. Wie hoch diese Kosten sind, hängt zum einen von der diesbezüglichen
Einstellung der jeweiligen Partner ab, zum anderen von der bisherigen Dauer
und dem Ertragspotential der bestehenden Beziehung. Im Extrem muß
der untreue Partner Kosten in Höhe der Scheidungs- oder Trennungskosten
kalkulieren. Auch diese Kosten sind natürlich mit der Wahrscheinlichkeit,
daß und in welchem Umfang die Untreue aufgedeckt wird, zu gewichten
(zu außerehelichen Affären ausführlicher Hartwig 1993,
29ff).
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