2 Der Markt für Partner - Fakten

Über Familien, Familienbildungsprozesse und Familienstrukturen liegen in der amtlichen Statistik eine Fülle von Informationen vor. Weniger gut ist die Datenlage hinsichtlich nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Ein kurzer Blick auf diese Daten ist schon für sich genommen interessant.

1990 lebten im alten Bundesgebiet über 63 Mio. Menschen. Die meisten von ihnen als Ehepartner oder Kind in einer von fast 9 Mio. Familien oder in einer von 6,5 Mio. bis dato kinderlosen Ehen. Fast eine Million Personen waren zwar verheiratet, lebten aber getrennt. Über zwei Millionen waren mindestens einmal geschieden und noch nicht wieder verheiratet und über fünf Millionen verwitwet. Ledige gab über 24 Mio.

Tab. 1: Bevölkerung in Privathaushalten
(in Millionen Personen)

Einwohner 63,5
____________
ledig 24,2
verheiratet, zusammenlebend 30,9
verheiratet, getrenntlebend 0,9
geschieden 2,4

"Familien" 23,8
____________
Ehepaare mit Kindern 8,8
Ehepaare ohne Kinder 6,5
Alleinstehende (ohne Kinder) 6,6
Alleinerziehende (mit Kindern) 1,8

Da wir uns mit Fragen der Bildung einer Lebensgemeinschaft beschäftigen wollen, macht es Sinn, die Betrachtung auf eine bestimmte Altersgruppe einzuengen. Zu den 24 Mio. Ledigen in der Bundesrepublik zählen nämlich allein schon fast 6 Mio. Personen im Vorschulalter, die uns hier weniger interessieren. Wählen wir beispielhaft die 25-30jährigen Bundesbürger aus und betrachten deren Familienstandsentwicklung in den letzten zwanzig Jahren (s. Abb. 1):

Abb 1: Familienstandsentwicklung der 25-30jährigen

Daten für 1983 und 1984 wegen Ausfall des Mikrozensus nicht verfügbar.

Insgesamt stieg die Zahl der Personen im betrachteten Zeitraum in dieser Bevölkerungsgruppe recht kontinuierlich von 3,7 auf 5,5 Mio. an. Beim Familienstand ist die Änderung geradezu dramatisch. 1972 gab es etwa viermal mehr Verheiratete als Ledige, seit 1987 zählen wir mehr Ledige als Verheiratete. (Geschiedene, Verwitwete und verheiratet Getrenntlebende spielen in dieser Altersgruppe eine untergeordnete Rolle.)

Erklärungen für die Veränderung im Heiratsverhalten können sein,

1. daß die Menschen später heiraten, also erst über 30, oder

2. daß sie ohne Trauschein zusammenleben oder

3. daß es ganz einfach immer mehr "Singles" gibt.

Tatsächlich tragen alle drei Punkte zur Erklärung der Verschiebungen bei. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen hat sich das durchschnittliche Heiratsalter Lediger um drei Jahre nach oben verschoben auf ca. 31 bzw. 28 Jahre in 1988. (Stat. Bundesamt 1990, 102.) Auch die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften nimmt stark zu. Mit 842 Tsd. gab es 1989 etwa sechsmal so viele nichteheliche Lebensgemeinschaften wie 1972 (137 Tsd.; Stat. Bundesamt 1991, 71.) Gegenüber mehr als 15 Mio. Ehepaaren ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft quantitativ dennoch relativ unbedeutend. Schließlich gibt es auch immer mehr Singles - eine Personengruppe, die sich (statistisch konzeptionell) nur schwer abgrenzen läßt (vgl. Pöschl, 1990). Von 1972 stieg die Zahl der ledigen Personen von 25 bis unter 45 Jahren, die in Einpersonen-Haushalten leben, von 1,5 auf 3,2 Mio (vgl. ebd., 703). Der Anteil der Einpersonen-Haushalte an allen Haushalten erhöhte sich in diesem Zeitraum von 26 auf 35 Prozent, der Anteil der sog. Alleinlebenden an der Bevölkerung von 9,8 auf 15,8 Prozent.

Einige weitere interessante Fakten in Stichpunkten:

- 1989 gab es insgesamt 399 Tsd. Eheschließungen. Bei jeder vierten Trauung ist zumindest einer der Partner wenigstens einmal geschieden (Stat. Bundesamt 1991, 77). Nur 71 Prozent sind echte Erstehen (Stat. Bundesamt 1990, 101).

- 1989 endeten 126 Tsd. Ehen durch rechtskräftige Urteile auf Ehelösungen (Stat. Bundesamt 1991, 88). Unter Berücksichtigung des Scheidungsverhaltens früherer Jahrgänge berechnet das Stat. Bundesamt für den Eheschließungsjahrgang 1980, daß jede dritte Ehe geschieden werden wird (Stat. Bundesamt 1990, 129).

- Die Mehrzahl Geschiedener heiratet wieder. Auf ca 130 Tsd. Ehescheidungen kamen 1980 etwa 70 Tsd. Eheschließungen Geschiedener (Stat. Bundesamt 1990, 129).

- Im Durchschnitt dauert eine Ehe bis zur Scheidung 12 Jahre. Es gibt keine Ehejahre, die besonders scheidungsgefährdet sind. Tendenziell gilt, daß die Ehe umso gefährdeter ist, je jünger die Ehepartner bei der Eheschließung waren (dies gilt insb. für die Männer). Diejenigen, die zum Zeitpunkt der Eheschließung unter 20 waren, haben im Vergleich zum Durchschnitt ein verdoppeltes Scheidungsrisiko (Stat. Bundesamt 1990, 129-132).

- Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind, wenn sie nicht in einer Ehe enden, nicht besonders haltbar. Auf Dauer bestehen hier weniger als ein Viertel (Höhn 1990, 225).

- Nicht alle Partner würden ihren Ehepartner noch einmal heiraten. Eine Befragung von Ehefrauen durch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ergab, daß nach einem Ehejahr 66 von 100 Ehefrauen ihren Mann ganz bestimmt noch einmal heiraten würden, 22 würden ihn wahrscheinlich noch einmal heiraten und 5 vielleicht. In Ehen, die nach neun Jahren noch bestehen, würden nur noch 43 Prozent der Ehefrauen ihren Mann "ganz bestimmt noch einmal heiraten".

_ Die durchschnittliche Kinderzahl pro Ehe betrug 1987 1,0 in allen Ehen und 1,7 in Ehen mit Kindern. Die "typische" Familie, in denen die Frau 35 bis 40 Jahre alt ist, hat zwei Kinder (47% der Familien). Insgesamt ist die Geburtenhäufigkeit in den letzten zwanzig Jahren stark rückläufig. Die 1970 in der Bundesrepublik lebenden Frauen haben durchschnittlich noch je 2,0 Kinder zur Welt gebracht, 1989 waren es nur noch 1,4 (Stat. Bundesamt 1991, 79). Zwischen 1960 und 1987 sank die Nettoreproduktionsrate von 1,09 auf 0,76 , d.h. daß 24% zuwenig Frauen geboren werden, um die Zahl der Frauen in der Bevölkerung im Zeitablauf konstant zu halten (Stat. Bundesamt 1991, 79).

- Abschließender Stichpunkt ist ein Blick auf die Wahrscheinlichkeit 18jähriger Männer und 16jähriger Frauen, in ihrem Leben nicht zu heiraten: Voraussichtlich sterben nur 4,3% der Männer, die zwischen 1960 und 1962 18 Jahre alt waren, als Ledige. Bei denen, die zwischen 1980 und 1983 18 waren, ist dies bereits bei jedem fünften Mann zu erwarten. Für 16jährige Frauen lauten die entsprechenden Zahlen 4,9% und 15,8% (Braun/Proebsting 1985, 927f).